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Nr. 21 – 26.05.2006


Daniel Feurer aus Oberuzwil lernte mit dem «schrillen Pfeifen» im Ohr zu leben

Tinnitus - wenns im Ohr pfeift

Daniel Feurer.

Daniel Feurer berichtet von seinem Leben mit dem «schrillen Pfeifen» im Ohr.

Als Daniel Feurer vor drei Jahren erstmals von einem schrillen Pfeifen im Ohr, dem Tinnitus, aus seinen Träumen gerissen wurde, ist viel passiert. Die ersten Wochen waren ein einziger Albtraum. Diverse Arztbesuche, ein Spitalaufenthalt, Akupunktur und Homöopathie brachten nicht die ersehnte Ruhe und er verlor nicht nur den Glauben an seine Genesung, sondern auch seinen Lebenswillen. Heute kann der 41-jährige Familienvater sein Leben auch mit dem Tinnitus in vollen Zügen geniessen.

Kürzlich war Daniel Feurer bei SF 1 bei «Aeschbacher» zu Gast um über sein Leben mit dem Tinnitus zu sprechen. «Obwohl ich anfänglich doch etwas nervös war, war es für mich eine sehr gute Erfahrung. Ich hoffe, dass ich so auch anderen Betroffenen Mut machen kann, ihr Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen», erklärt der Oberuzwiler.

Keine organische Ursache

«Bei mir wurde damals eine organische Ursache ausgeschlossen. Ich fragte mich verzweifelt, was es dann sein könnte. Obwohl ich zuvor immer eine Frohnatur und ein grosser Optimist war, wandelte ich mich langsam aber sicher in ein Häufchen Elend», erinnert sich Daniel Feurer heute. Der dauernde Kampf gegen das unüberhörbare Pfeifen, der Schlafentzug und die Panik-Attacken hatten tiefe Spuren im Körper und in seiner Seele hinterlassen.

Am Rand des Abgrunds

In seiner Verzweiflung flammten auch Selbstmordgedanken in ihm auf und liessen sich nicht mehr löschen. «Es wäre doch so einfach gewesen, Schluss zu machen und alles hinter mir zu lassen. Dann dachte ich aber an meine Familie und mein Leben und entschloss mich, dass ich es mir nicht so einfach machen wollte», erklärt Daniel Feurer. «Ich stand damals zwischen der Entscheidung «Leben oder Tod» und entschied mich fürs Leben».

Auf eigene Faust

Da ihm die Ärzte nicht helfen konnten entschloss er sich, sich selber auf die Suche nach einer Heilung zu machen und begann, sich intensiv mit sich selbst auseinanderzusetzen. «Ich legte mich eines Tages auf mein Bett und begann mich mit mir selber auseinanderzusetzen. Während meiner Reise in mich selbst versuchte ich bespielsweise dem Geräusch etwas Positives abzugewinnen. Ich sagte mir, dass es zwar schlimm, aber noch lange kein Weltuntergang ist. Langsam begann sich meine Stimmung zu bessern und innerhalb drei Monate wurde mein Tinnitus vom Feind zum Freund, und ich wurde so mein eigener Therapeut und Heiler.»

Vom Feind zum Freund

Daniel Feurer brachte seinem Körper und seiner Seele bei, dass sein Tinnitus keine Bedrohung, sondern ab jetzt ein Teil von ihm sein würde. So verschwanden die Panik-Attaken und Schlafstörungen. «Heute geht es mir ausgezeichnet, obwohl mein Tinnitus noch genauso laut ist wie am Anfang. Tagsüber höre ich ihn nur selten und am Abend im Bett, wenn es um mich herum ruhig ist, höre ich ihm zu, bis ich einschlafe. Ich habe mit ihm ein Abkommen: Er lässt mich schlafen, und ich bekämpfe ihn nicht.»

Mit Tinnitus leben gelernt

Der Oberuzwiler ist weder auf Medikamente noch auf Geräte angewiesen, denn er weigerte sich, den Tinnitus zu seinem Lebensmittelpunkt zu machen. Mittlerweile hat sein «Ablenkungs-Programm» eine Eigendynamik entwickelt, läuft automatisch im Hintergrund und lässt ihn auch in schwierigen Situationen seinen Tinnitus überhören. «Ich fühle mich geheilt. Nicht, weil mein Tinnitus verschwunden ist, sondern, weil ich sehr gut damit leben kann. Ich bestimme mein Leben wieder selbst.»

Möglichkeiten abklären

Um dies zu erreichen ist es allerdings sehr wichtig, dass sich Betroffene so früh wie möglich medizinisch komplett durchchecken lassen. Es gibt eine Reihe organischer Ursachen, die Tinnitus verursachen können. Sollte der Arzt nichts feststellen, gibt es eine Vielzahl an Therapien, welche Tinnitus-Patienten angeboten werden. «Ich entschied mich damals für die Homöopathie und die Akupunktur. Zum Verschwinden brachten sie meinen Tinnitus nicht, aber sie gaben mir Kraft und die Einsicht, dass ich die volle Verantwortung für mich und mein Leben übernehmen muss, wollte ich eines Tages wieder «gesund» und fröhlich werden.»

Heilung beginnt im Kopf

Wie möchten Sie anderen Tinnituspatienten helfen? «Ich kann niemanden heilen, das kann der Betroffene nur selber. Aber ich kann helfen, indem ich Patienten zur Seite stehe und ihnen die Methode, die mir geholfen hat zurück ins Leben zu finden, beibringe. Sie beruht im wesentlichen auf dem Prinzip der Abklärung, Akzeptanz und Ablenkung.» (www.tinnitus-beratungen.ch)
Petra Walter

 
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